Zum ersten Mal: Wunschzettel mit PowerPoint

oder: Wunschlos glücklich

Ob Supergirl wach ist, erkenne ich manchmal daran, dass sie sich eine meiner Statusmeldungen oder eine meiner Storys bei Instagram angeschaut hat. Sie liegt also auf ihrem Hochbett und man könnte meinen, dass sie noch schläft. Dabei ist sie zwischenzeitlich heruntergeklettert, hat sich ihr Handy geschnappt und ist jetzt online.

Als ich in ihrem Alter war und morgens aufgewacht bin, habe ich meinen Eltern höchstwahrscheinlich „Guten Morgen“ gesagt – und zwar nicht per SMS. Vielleicht bin auch ich wieder ins Bett geklettert, zumindest am Wochenende, und habe dort gelesen und dabei vor- und zurückgeblättert und die Seitenzahlen kontrolliert, damit ich nicht aus Versehen eine Seite auslasse.

Während meine Töchter „Digital Natives“ sind, fühle ich mich wie ein Dinosaurier, der sich im Jugendalter beim Telefonieren das spiralförmige Kabel um den Finger gewickelt und Telespiele gespielt hat. Während eines Nebenjobs in einer Anwaltskanzlei habe ich auch noch Formulare auf einer Schreibmaschine ausgefüllt, immerhin war es eine elektrische. Ich gehöre zu der Kategorie Menschen, die noch immer vorzugsweise mit Bargeld zahlt, ich habe noch nie online einen Flug gebucht (offline wahrscheinlich auch nicht) und ich hatte erst mit Anfang, Mitte 20 ein Smartphone. Vorher besaß ich wie gefühlt alle anderen ein Handy der Marke Nokia, auf dem ich gern das Spiel „Snake“ gespielt habe und darin auch richtig gut war.

Meine Kinder kennen sich in manchen technischen Dingen besser aus als ich. Vielleicht sogar in vielen. Allein, was sie in diesem Zusammenhang für die Schule können müssen, ist für mich oft genug ein Buch mit sieben Siegeln. Und zwar keines, das für einen E-Book-Reader erhältlich wäre. Als ich in der Grundschule war, gab es noch Matrizen, auf die Lehrer und Schüler geschrieben haben, wenn sie ein Arbeitsblatt vervielfältigen wollten. Kann sich jemand außer mir daran erinnern? An den Geruch, der von solchen Bögen aufstieg? Ja, du da vorn mit dem Vokuhila?

Meine beiden jüngeren Töchter haben schon in der Grundschule PowerPoint-Präsentationen erstellt, wobei sie wahlweise auch ein Plakat hätten gestalten dürfen. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich noch nie eine solche Präsentation gemacht habe, auch nicht für die Arbeit. Eigentlich hätte ich Lust darauf, aber ich weiß nicht, wie es geht (und traue mich nicht zu fragen). Dafür habe ich aber bestimmt schon mal etwas mit Folienstift auf einen Overhead-Projektor geschrieben.

Nach unserem Sommerurlaub wollten wir eigentlich alle PowerPoint-Präsentationen machen, ich weiß gar nicht mehr, wie wir darauf gekommen sind. Belle hatte sich als Thema „Die Macrons“ ausgesucht, Baby Boss wollte über Nonnen referieren, mein Mann hatte „Französische Königshäuser“ ausgewählt (Ludwig XIV. und so). Supergirl hatte noch keine Idee für ihre Präsentation und ich wollte unseren nächsten Sommerurlaub vorstellen. Dazu gekommen ist es leider noch nicht, was bei mir in erster Linie daran liegt, dass ich PowerPoint, wie bereits angedeutet, noch nie genutzt habe. Ganz im Gegensatz zu Supergirl, die sich an den vergangenen Abenden mithilfe des Programms einem ganz besonderen Thema gewidmet hat: ihren Weihnachtswunschzettel.

Supergirl ist ein leidenschaftliches Mädchen, als Erwachsene wird sie bestimmt eine Powerfrau sein. Wenn sie etwas anpackt, geschieht das mit viel Elan und Akribie, Liebe zum Detail und Ausdauer. Dinge, die sie nicht anpackt (und solche gibt es!), bleiben völlig unbeachtet liegen (meist kümmere ich mich dann darum).

Der Wunschzettel gehörte zu den Sachen, die ihr wichtig sind und angepackt werden. Vorgestern war er fertig und ich durfte ihn anschauen. Sie war nicht mit im Zimmer, vielleicht hatte sie „Angst“ vor meiner Reaktion, es waren auch sehr große Wünsche in der Präsentation versteckt, ich weiß gar nicht mehr, um was es ging, so sehr haben mich die schön gestalteten „Folien“ eingelullt. Die Präsentation beginnt mit einer Einstiegsseite, auf der in geschwungener Schrift steht: „Wunschliste Weihnachten von Supergirl“. Im Hintergrund sind mit Zuckerguss verzierte Lebkuchenmännchen auf einem Blech zu sehen. Es folgen verschiedene Folien mit Bildern ihrer Geschenke (zum Beispiel Bettwäsche und Kosmetikprodukte) und nebenstehenden Beschreibungen. Praktischerweise sind die Geschenke auch gleich verlinkt. Alles sieht so hochwertig und einladend aus, dass ich Lust hätte, sämtliche Links blind zu klicken und die Dinge ohne Rücksicht auf Verluste zu kaufen. Auf der letzten Folie steht: „Danke fürs Zuhören. Ich freue mich über alle Sachen!!“ Ich glaube, auf irgendeiner Seite ging es auch um Smartphones, und ich meine, es waren zwei verschiedene Geräte einer Marke abgebildet, die etwas mit einem angebissenen Stück Obst zu tun hat. Vielleicht war das aber auch nur Deko im Sinne von Apfel, Nuss und Mandelkern.

Baby Boss hat sich dieses Jahr übrigens auch etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Nachdem sie ihre Wünsche erst auf einem Zettel notiert hatte, besann sie sich eines Besseren und trumpfte auf, indem sie erstmals ein Gedicht an den Weihnachtsmann schrieb (vielleicht tritt sie eines Tages in meine Fußstapfen). Im Kern handelte es davon, dass sie hofft, dass alle ihre Wünsche erfüllt werden, aber es auch okay wäre, falls es nicht dazu kommt. Zwei Kuscheltiere stehen auf ihrer Liste, eine Decke, Kissenbezüge, ein Bademantel und „irgendwas zum Turnen“.

Einzig und allein von Belle weiß ich noch nicht, was sie sich wünscht. Vielleicht ist sie sehr beschäftigt. Oder wunschlos glücklich. Seitdem meine drei Töchter Teil meines Lebens sind, bin ich das übrigens auch. Beides.

8 Kommentare zu „Zum ersten Mal: Wunschzettel mit PowerPoint“

  1. Danke für diesen tollen Blog zur Vorweihnachtszeit! Ist doch super, wenn man auf solch gekonnte Art seine Wünsche und Ideen kommuniziert und die Eltern sich nicht mehr groß Gedanken machen müssen. Ich hoffe, euer Budget gibt das Handy mit dem angebissenen Apfel her…😉

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    1. Ich bezweifle sehr, dass das Budget reicht! Bei drei Kindern schafft man dadurch auch sehr schnell Präzedenzfälle, auf die sich die anderen dann berufen.
      Was ich gut fand: Supergirl hat auf eine Webseite verlinkt, die Smartphones anbietet, die refurbished sind. (Sagt man das so? Gab es natürlich nicht, als ich Teenager war …)

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  2. Liebe Sophie!

    Ich habe mich wie immer gut unterhalten gefühlt. Der diesjährige “Nikolaus Blog“ war sehr witzig und wie immer geistreich und gut geschrieben.

    Ich musste sofort an meine Kindheit zurückdenken.

    Zum Nikolaustag habe ich überlegt, was ich wohl am Liebsten hätte. Vielleicht eine Märklin-Modell-Bahn mit Weiche, Waggons und Trafo, oder lieber ein Wiking-Auto: LKW Marke Krupp Titan.

    Mit dem Schreiben war es bei mir nicht weit her, also habe ich mich kurz gefasst. Dann wurden die Schuhe penibel geputzt, damit der Nikolaus den darin platzierten Wunschzettel auch tatsächlich finden und zum Weihnachtsmann mitnehmen würde. Als kleine Belohnung hat er den Wunschzettel gegen eine Süßigkeit getauscht, um die Wartezeit bis zum Weihnachtstag zu verkürzen.

    Ich weiß nicht, ob der Nikolaus mit einer PowerPoint Präsentation etwas hätte anfangen können.

    Aber der geht ja auch mit der Zeit und läßt die Geschenke nicht mehr per Schlitten, sondern per Lieferdienst bringen.

    Ich wünsche dir mit deinen drei „Engeln“ eine schöne Adventszeit.

    Es grüßt gut unterhalten der „Follower“

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    1. Lieber Follower,
      das sind ja herzige Geschichten aus deiner Kindheit. Daran sieht man auch sehr anschaulich, wie sich die Welt in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Während ich als Kind schon Telespiele kennengelernt habe, waren es bei dir noch die Modellbahnen. Aber die fuhren auch schon elektrisch! Und das war doch für die damalige Elterngeneration bestimmt auch schon ein kleines Wunder.
      Schuhe haben wir gestern auch alle sehr fleißig geputzt und dazu gesungen. Das ist ein Adventsritual, das muss so sein.
      Dir auch eine schöne Vorweihnachtszeit!
      Herzliche Grüße, Sophie

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  3. Wow, ihr könnt nicht sagen, dass sie es sich einfach gemacht hat.😁
    Ja, Power Point ist auch bei uns in Italien an der Schule große Mode. Ich selbst habe es zwar dienstlich eine Zeit lang genutzt, aber bei den heutigen Funktionen komme ich auch nicht mehr mit. Es sind keine Slideshows, sondern Animationen, die unsere Digital Natives ganz ohne unsere Hilfe zaubern.
    Na da bin ich gespannt, ob der Weihnachtsmann auch so geflasht ist und (fast) alle Wünsche auf einen Klick erfüllt.😉

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    1. Meine Freundin Pippilotta hat mir erzählt, dass auch ihre Tochter im vergangenen und in diesem Jahr Weihnachtswunschzettel mit PowerPoint erstellt hat. Kann man da vielleicht schon von einem Trend sprechen? 😉
      Sie hat mir auch zugesagt, mir demnächst mal mit meiner ersten Präsentation zu helfen. 🙂
      Was wünschen sich denn deine Kinder zu Weihnachten?

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      1. Kleinigkeiten, so Puzzle und Bücher, Kopfhörer, Kosmetik. Das Smartphone, refurbished, hatte die Große schon zum Geburtstag erhalten.🙂
        Liebe Grüße zum Wochenende nach Berlin! (Bei uns ist heut Feiertag, aber Schietwetter – leichter Schneeregen 😞).

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      2. Supergirl wird mit dem Smartphone wohl auch bis zu ihrem Geburtstag warten müssen – Präsentation hin oder her. 😉 Aber der ist auch schon Anfang Februar.
        Dann wünsche ich euch ein schönes langes Wochenende! Viele liebe Grüße nach Italien!

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