oder: Selbstwirksamkeit
Neulich kam es zwischen meiner mittleren Tochter Supergirl und mir zu einem Missverständnis. Ich sagte: „Ich mag meine Arme.“ Und sie verstand: „Ich mag meinen Arsch.“ Vielleicht überrascht der Inhalt unserer Konversation – ganz unabhängig davon, ob ich Arme oder Arsch gesagt habe. Aber es ging in gewisser Weise um Selbstliebe. Was gefällt mir besonders gut, wenn ich in den Spiegel oder an mir herabschaue? Und Selbstliebe ist doch ein gutes Thema, oder? Darf es dabei auch um Äußerlichkeiten gehen? Ich finde, ja.
Ich mag zum Beispiel meine Ohren (die sind klein und weich und haben eine hübsche Form), meine Augenfarbe (grün-braun) und eben die besagten Arme, vor allem meinen Bizeps, den ich viel trainiere und – zugegeben – in den vergangenen Wochen gern in ärmellosen Kleidern oder Oberteilen zur Schau stelle. Vor ein paar Tagen schickte ich ein Selfie in eine unserer Familiengruppen, auf dem unter anderem auch ich zu sehen war. Mein Bruder schrieb daraufhin (aber nur an mich): „Bist auch im stabilen Trainingsmodus! Sieht man! Nice!“ Darüber habe ich mich sehr gefreut. Mein Bruder, so glaube ich, mag seinen Bizeps auch.
Die Arme sind zur Aufzählung meiner liebsten Körperteile neu dazugekommen, sie haben sich ihren Weg dorthin förmlich erkämpft. Und das kam so: Vor rund zwei Jahren stand ich während eines Yoga-Kurses in der Haltung Krieger 2 vor dem Spiegel. Vielleicht einfach mal googeln, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen. Meine Arme waren zu beiden Seiten ausgestreckt und im ersten Moment dachte ich, dass mir eine riesige Fledermaus aus dem Spiegel entgegenschaut. Auf den zweiten Blick erkannte ich aber, dass es sich bei den Fledermausflügeln nur um die Haut an meinen Unterarmen handelte, die der Schwerkraft gehorchte. Und in diesem Moment dachte ich: „Nee.“ Einfach nur: „Nee“. Und damit war es besiegelte Sache, mit dem Hanteltraining anzufangen.
Ich bekomme in den vergangenen Monaten sehr viel öfter Komplimente als früher und darüber freue ich mich außerordentlich. Zum Beispiel gestern: Ich trug ein ärmelloses, knielanges, flaschengrünes und enges Kleid, meine Haare im Dutt und eine Sonnenbrille mit braun-schwarzem Kunststoffgestell auf der Nase, mein Pony verdeckte ordentlich meine Stirn. Meine liebe Freundin Juskabo, mit der ich zum Schreiben in meinem Lieblingscafé verabredet war, sagte den wunderschönen Satz: „Du siehst ja aus wie Audrey Hepburn.“ DAS, meine lieben Leserinnen und Leser, hat mir noch nie jemand gesagt, und ich werde dieses Kompliment in meinem Herzen in einem goldenen Rahmen aufhängen und an guten und vor allem an schlechten Tagen dort vorbeischlendern und mich daran erfreuen.
Bei einigen Komplimenten ging es vor allem um meine (Abnehm- und) Trainingserfolge, besonders, wenn sie von Männern kamen. Auch darüber freue ich mich. Sehr sogar. Es gibt ja diesen Witz: „Was passiert, wenn sich eine Frau über 40 versteckt? Niemand sucht mehr nach ihr.“ Insofern ist es schön, auch mit 46 ¾ immer noch wahrgenommen zu werden.
Ich scheue mich ein bisschen davor, den Schwerpunkt dieses Textes auf Abnehm- und Trainingserfolge zu legen. Manchmal bekomme ich für solche Beiträge Gegenwind – vollkommen zu Recht. Ich möchte ja auch nicht, dass Äußerlichkeiten so wichtig sind oder zumindest wichtig erscheinen. Aber kann ich allein diesen Umstand ändern, wenn ich mich dagegen sträube und bei der – nennen wir es mal Selbstoptimierung – nicht mitmache? Allein das Wort nervt schon irgendwie. Muss man das? Sich selbst optimieren? Mir ist nur auf die Schnelle kein anderer Begriff eingefallen. Für mich steht die Selbstoptimierung auch nicht im Vordergrund. Das nur zu meiner Ehrenrettung. Mein persönlicher Weg zu mehr Fitness und Wohlbefinden begann mit dem Joggen – und das habe ich im Februar 2020 angefangen, weil es mir eine Weile körperlich und damit dann auch seelisch ziemlich schlecht ging. Der Grund könnte gewesen sein: Ich hatte jahrelang einen Vitamin-B-Komplex geschluckt, den ich absetzte, weil es ja immer wieder heißt, man solle keine Nahrungsergänzungsmittel nehmen, sie seien total unnötig, manchmal sogar schädlich. Nach wenigen Wochen hatte ich diverse Beschwerden wie innere Unruhe und zittrige Hände – und in diesem Zusammenhang begann ich das Laufen (und wenig später griff ich auch wieder zu den B-Vitaminen).
Ich will nur ehrlich sein: Ich fühle mich wohler, wenn ich ein paar Kilos weniger auf den Hüften habe. ICH finde MICH dann attraktiver – und strahle das auch aus. Und das hat für mich nichts mit Selbstoptimierung zu tun, sondern mit: Selbstwirksamkeit. Ich bewirke durch mein eigenes Handeln positive Veränderungen. Ich merke, dass ich mich auf meine eigenen Fähigkeiten verlassen kann. Dass es zu etwas führt, wenn man am Ball bleibt.
Es gibt gerade so viele Bereiche in meinem Leben, die ich gefühlt nicht beeinflussen und noch weniger kontrollieren kann, dass es mir eine gewisse Sicherheit vermittelt, wenigstens etwas selbst in der Hand zu haben: Ich laufe – und baue Kondition auf. Ich trainiere mit Hanteln – und meine Muskeln wachsen. Ich mache Yoga – und bin entspannt und gelenkig. Und das Beste daran: Die Bewegung macht mich glücklich. So simpel ist es. Wenn dann auch noch ab und zu ein nettes Kompliment dabei herumkommt, ist das für mich – das Sahnehäubchen. 😉
Du scheinst ja auf deinem Weg Richtung absolute Fitness große Fortschritte zu machen – Gratulation! By the way: Was macht das Projekt „Sixpack“?
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Ja, ich mache Fortschritte! Tatsächlich! Und freue mich sehr darüber. 🥳
Heute war ich gerade wieder im Gym. Und vielleicht, ganz vielleicht, kriege ich das mit dem Sixpack diesen Sommer noch hin. Am Miami Beach laufen alle so herum. Ich möchte nicht unangenehm auffallen. 😉
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