Zum ersten Mal: Supergirl macht Buntwäsche

oder: Das bisschen Haushalt macht sich von allein

Es gibt Statistiken, die besagen, dass Menschen im Durchschnitt ein Drittel ihres Lebens verschlafen. Das macht mir aber nichts aus, denn ich schlafe total gern, am liebsten von zehn Uhr abends bis acht Uhr morgens. Ich habe nicht das Gefühl, in dieser Zeit irgendetwas zu verpassen. Am Abend beim Schlafengehen freue ich mich schon auf den nächsten Morgen, selbst jetzt im November, wenn es beim Weckerklingeln draußen noch dunkel ist. Ich höre ihn ohnehin kaum, er steht auf der anderen Seite des Bettes, wo mein Mann schläft. Mein Mann steht auf und bringt mir einen Kaffee, den er mir auf den Nachttisch stellt. Manchmal frage ich mich, ob ich mich vielleicht eines Tages revanchieren sollte, aber mein Mann hat gar keinen Nachttisch. Wenn das nicht enthaltene Koffein zu wirken beginnt, bin ich bereit für den neuen Tag.

Ein weiteres Drittel meines Lebens verbringe ich damit, Wäsche zu waschen. Das gilt zumindest für mein Leben als Mutter. Das ist Zeit, die ich lieber anders nutzen würde. Die Wäscheberge sind mit der Geburt meiner ersten Tochter in schwindelerregende Höhen gestiegen. Es gibt Bonmots, die meine Situation passend beschreiben: „Nach der Wäsche ist vor der Wäsche“ und „Ein Buntwaschgang dauert 48 Minuten.“ Oder: „Das Verschmutzte muss in das Runde.“

Angefangen hat damals alles mit fleckigen Spucktüchern und beschmierten Bodys, dann waren es matschige Regenhosen, Filzstiftflecke auf kleinen Pullis, Grasflecke auf niedlichen Kleidchen, Ketchup, Kirschsaft, Tomatensauce – nicht mehr nur bei einem kleinen Mädchen, sondern später bei zweien, dann bei dreien. Es folgten Tintenflecke auf größeren Pullis, Tusche, Kleber, Knete. Verschwitzte Sportsocken, T-Shirts, Leggings, Strumpfhosen, Balletttrikots, Reithosen. Kuscheltiere nach Läusealarm. Unzählige Unterhosen in verschiedenen Größen, jetzt auch BHs (Achtung: Handwäsche!). Manchmal hatte Supergirl nachts Nasenbluten. Manchmal übergab sich eines der Mädchen unvermittelt im Auto oder im Bett. Ich kann die Nächte nicht mehr zählen, in denen ich Bettwäsche abgezogen habe. Einmal passierte es in der Nacht vor meinem ersten Arbeitstag bei meinem heutigen Arbeitgeber. Einmal bespuckte mich Belle, nachdem ihr im Bus auf dem Weg zur Kita schlecht geworden war. Ich hatte einen wichtigen Termin bei meiner vorherigen Arbeit und trug einen Nadelstreifenanzug. Die säuerliche Milch traf die Innenseite meines Revers, ich bemerkte es erst auf dem Weg zur Veranstaltung, kaufte eine Flasche Mineralwasser und wusch den Fleck auf einem S-Bahnhof aus.

Neulich gab mir Supergirl den Hinweis, dass ich es versäumt hätte, ihre Sportleggings zu waschen. Ich war erschüttert von meinem Verhalten. „Die liegen bestimmt schon seit einer Woche im Wäschekorb“, sagte sie. Ich wusste, dass das nicht stimmte, denn so lange liegt dort nie etwas. Einzige Ausnahme: Batik-T-Shirts, die ich separat waschen muss. „Was soll ich denn jetzt zum Turnen anziehen?“, riss mich Supergirls Stimme aus meinen Gedanken. „Eine andere Leggings?“, fragte ich. Supergirl legte die Stirn in Falten. „Das ist doch total unmodisch.“

Nach dem Turntraining, das als modisches Desaster in die Geschichtsbücher des Geräteturnens eingehen wird, kam das Gespräch erneut auf die Leggings. „Ich habe morgen Sport, ich brauche die.“ „Früher hast du doch auch normale Leggings beim Sportunterricht getragen.“ „Ja, und dann noch so eine kurze Hose darüber. Und jetzt habe ich gemerkt, dass das eigentlich total doof aussieht.“ Alles klar, dachte ich mir. Aber ich sagte: „Weißt du was? Dann mach‘ doch einfach selbst eine Wäsche.“

Lustigerweise habe ich genau an jenem Tag zufällig daran gedacht, dass meine Mutter eine so genannte Waschkasse hatte, in die sie nach jeder bestückten Trommel, jedem liebevoll behängten Wäscheständer Geld gesteckt hat. Als sie genug gespart hatte, hat sie sich etwas Schönes davon gegönnt. Ich glaube, es war Schmuck. Das ist eine Methode, die dem American Dream huldigt: Vom Tellerwäscher zum Millionär. Manche Mütter sollen sich auf diese Weise ganze Waschsalons angespart haben.

Später belädt Supergirl unter meiner Anleitung die Maschine – nicht nur mit ihren zwei Paar Leggings, sondern auch mit weiterer Buntwäsche. Trotzdem füllt sich nur die halbe Trommel. Normalerweise wasche ich so nicht. Aber der Sportunterricht ist wichtig. Supergirl schließt die Klappe, füllt Waschmittel ein. Drückt auf die Knöpfe für Umdrehungen und Temperatur und dann auf Start. „Das ging ja schnell“, sagt sie. Ja, denke ich, das ist auch nicht das Problem beim Wäschewaschen. Muss ja heutzutage niemand mehr mit seinem Waschbrett am Fluss sitzen in Deutschland. Während die Maschine noch läuft, stelle ich Supergirl den Wäscheständer bereit. Kurze Zeit später sehe ich sie mit dem zweiten Wäscheständer im Flur, sie trägt ihn zu Belles Zimmer, wo der Wäscheständer-Zwilling auf seinen Einsatz wartet. „Hättest du mir ruhig sagen können, dass du den schon aufgestellt hast“, sagt sie.

Kurz darauf hängt Supergirl die Wäsche auf, ruft mich, zeigt mir ihr Werk. „Hat Spaß gemacht“, sagt sie. Vielleicht lächelt sie dabei verschmitzt, vielleicht zieht sie mich ein bisschen auf, vielleicht denkt sie, dass sie ihre Sportleggings von jetzt an selbst waschen wird. Vielleicht auch nicht.

Die 60-Grad-Wäsche am nächsten Tag erledige ich: Es sind 105 Teile, kleine Handtücher, Wäsche, Socken, einige davon auf links. Innerlich schreibe ich mir fünf Euro gut. Auszahlen werde ich sie mir – nie.

PS Eines möchte ich noch hinzufügen: Supergirl hat noch nie in irgendetwas doof ausgesehen. Sie gehört zu den hübschesten Mädchen, die ich kenne.

8 Kommentare zu „Zum ersten Mal: Supergirl macht Buntwäsche“

  1. Liebe Sophie!

    Ich habe lange nicht mehr so herzlich gelacht wie über deinen neuen Blog.
    Vor allem die Übertragung der „Herberger Weisheiten“ auf die „Hamsterrad-Situation“ einer Mutter von drei Töchtern hat mir gut gefallen. Die Idee mit der „Waschkasse“ hat schon manche Mutter „reich“ gemacht. Es ist Klasse, dass Supergirl nun selbst die Initiative übernommen hat, ihr Problem in Angriff zu nehmen. „Aller Anfang ist schwer!“ – „Aber Übung macht den Meister.“

    PS. Jeder Mann freut sich über einen leckeren Morgenkaffee, egal ob mit oder ohne Nachttisch.

    Mach weiter so, ich freue mich über jeden neuen Beitrag! Und hoffe, dass ich eines Tages mal lesen kann: „ Zum ersten Mal: ein Buch veröffentlicht….“

    Es grüßt der „Follower“

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    1. Lieber Follower,
      wenn du meinst, dass es auch ohne Nachttisch geht, stehe ich vielleicht morgen als Erste auf und koche Kaffee. An einem Samstag müsste ich das eigentlich hinkriegen. 😉
      Vielen Dank für deine lieben Worte, die mir sehr viel bedeuten.
      Und ja, ich hoffe auch sehr, mal so einen Blogbeitrag zu verfassen: Zum ersten Mal: Ein Buch veröffentlicht. Das ist mein großer Traum.
      Herzliche Grüße, Sophie

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  2. Supergirl und Baby Boss haben gelernt: Buntwäsche wird gewaschen, dann ordentlich und liebevoll auf den Wäscheständer gehängt und mit einem nassen Badeanzug macht man das auch so.
    Und Mütter stecken pro Waschgang einen Euro in die Waschkasse, um dann lange für einen ersehnten Traumring zu sparen.
    Das war wieder ein schöner Blog, ich hatte viel Spaß und freue mich schon auf den nächsten Beitrag..

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    1. Also gut, dann mache ich das ab jetzt auch so. Ein Euro pro Waschgang. Dann hoffe ich auf ganz viele Batik-T-Shirts in der nächsten Zeit. 😉
      Danke für dein Feedback. Ich freue mich immer sehr, hier von dir zu lesen.

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  3. „Nach dem Turntraining, das als modisches Desaster in die Geschichtsbücher des Geräteturnens eingehen wird …“ Klasse! 😂
    Mit drei Töchtern ist vielleicht, was Wäschemanagement betrifft, die kritische Masse erreicht, wo es zu viel wird? Zu viert im Haushalt behält man noch recht gut die Übersicht. Nur eins: Ich habe es aufgegeben, die weißen Sneaker-Socken der Mädchen auseinanderzuhalten. Wenn ich sie kaufe, denke ich immer, wem ich sie geben will, und dann weiß ich nach der Wäsche doch nicht mehr, wer nun die mit dem einen Schriftzug und wer die mit dem anderen hatte. Hat sich aber noch keine der beiden beschwert, dass ich sie immer anders zuteile.
    Hab ein schönes Wochenende und lass waschen oder zumindest aufhängen. Wo es doch Spaß macht! 😉
    LG Anke

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    1. Ja, die kritische Masse ist auf jeden Fall erreicht! Gut gesagt. 😂
      Mit den Socken für meine beiden Großen mache ich es auch so wie du: Ich sortiere sie einfach bei der einen oder bei der anderen ein und achte gar nicht mehr darauf, wem welches Paar ursprünglich gehört hat. Und die Kleine trägt mit ihren neun Jahren noch oft Socken mit Motiven. Zur Zeit sind es Waldtiere. Das erleichtert mir die Zuordnung enorm! 🤓

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