oder: Zwischen Heilwässern und Tortenstücken
In diesem Jahr habe ich seit langer Zeit mal wieder einen Adventskalender ganz für mich allein. Es gab ihn zu einem Jahresabo der Zeitschrift „Barbara“ dazu und er soll Geschenke im Wert von mehr als 300 Euro beinhalten. Das klingt total vielversprechend und ich freue mich jeden Morgen, ein Türchen zu öffnen und ein hochwertiges Produkt entgegenzunehmen.
Das Abo und den Kalender habe ich mit Geld bezahlt, das mir meine Schwiegereltern zum Geburtstag geschenkt haben. Sie sind ebenso wie meine Schwägerin immer total großzügig und schauen nicht auf den Cent, das liegt wohl in der Familie, wobei gelegentliche Ausnahmen die Regel bestätigen. Ich freue mich sehr, mit dem Kalender so ein Schnäppchen gemacht zu haben. Baby Boss sagte dazu: „Wenn ich groß bin, möchte ich auch so einen haben.“ Die ersten zwei Zeitschriften sind auch schon angekommen. In der Dezember-Ausgabe stand unter anderem ein Reisebericht über Aruba und im Editorial wurde der Autor vorgestellt. Wenn ich solche Artikel lese, Fotos von weißen Sandstränden und türkis-blauem Wasser sehe, von schäumender Gischt und sich sacht im Wind bewegenden Palmwedeln, dann drängt sich mir eine Frage auf: Warum schreibe ich nicht über solche Themen, sondern gebe Lesern Tipps, wie sie ihre Immobilie an die nächste Generation weitergeben, ohne Erbschaftsteuer zahlen zu müssen?

Wenn man bei hochwertigen Immobilien immer an die Erbschaftsteuer denken muss…
Ich könnte zum Beispiel über Karlsbad schreiben. Oder besser gesagt: Karlovy Vary, wie die Stadt auf Tschechisch heißt. Dann würde ich damit anfangen, dass jede Reise nur so gut ist wie die Reisebegleitung. Wenn ich mit meiner Kernfamilie unterwegs bin – mein Mann und meine drei Töchter –, kann eigentlich schon mal gar nichts schiefgehen. Und wenn dann noch die Patentante meines Mannes, meine Schwägerin und meine Schwiegereltern mit von der Partie sind, ist das sozusagen das Sahnehäubchen auf der Pupp-Torte. Die gibt es übrigens wirklich (siehe Foto ganz oben), und sie ist es auf jeden Fall wert, probiert zu werden.
Aber der Reihe nach. Karlsbad ist nicht weit von Berlin entfernt. Mit dem Auto sind es rund vier Stunden. Für Menschen, die ansonsten gern mal nach Cornwall brausen, ist das geradezu lachhaft. Das Lachen bleibt einem allerdings im Halse stecken, wenn man im Halbdunkel über Serpentinen durchs Erzgebirge fährt. Ich empfehle deshalb den Weg über die tschechische Schnellstraße (E442, ohne Maut) und Dresden, den wir auf der Rückfahrt genommen haben. Das dauert zwar etwas länger, dafür spart man sich aber die schlechte Tüte und kann unterwegs auch noch bei Tesco, unserem englischen Lieblingssupermarkt, einkaufen.

Karlsbad – auch wolkenverhangen schön!
Und ich habe gleich noch eine Empfehlung: Karlsbad ist, wie der Name vermuten lässt, ein Kurort, sogar einer der berühmtesten der Welt. Queen Latifah möchte im Film „Noch einmal Ferien“ unbedingt dorthin reisen, nachdem bei ihr – fälschlicherweise – ein Gehirntumor diagnostiziert wurde. Und Daniel Craig hat für den Film „Casino Royale“ im Grand Hotel Pupp gedreht. Goethe und Schiller waren hier, Beethoven, Brahms und Bach, Fontane und Freud. Weil alles so illuster ist, würde ich – ansonsten in hyggeligen Ferienhäusern und Airbnb-Unterkünften daheim – zu einer Unterkunft raten, die dem entspricht.

Der Mülleimer ließ sich nicht wegretuschieren.
Wer also zufällig das Glück hat, von seinen Schwiegereltern nach Karlsbad eingeladen zu werden, sollte nicht zögern, in einem der ersten Hotels am Platz zu residieren. In unserem Fall war es das Hotel Imperial (fünf Sterne – muss ich mehr sagen?). Aber das Grandhotel Pupp steht dem sicherlich in nichts nach, hat auch fünf Sterne und sogar eine eigene Torte. Die können auch Gäste des Cafés essen, niemand muss sich dort also extra einmieten. Der Gründer der Pupp-Dynastie, Johann Georg Pupp, war ein bekannter Konditor in Karlsbad. Nach seinem Rezept wird die Pupp-Torte noch heute zubereitet. Achtung, Kinder: Die ist mit Alkohol, nämlich dem Karlsbader Kräuterlikör Becherovka.

Die Mühlbrunnenkolonnade um 11.39 Uhr.
Die Stadt selbst ist wirklich hübsch und durchzogen von gut erhaltenen historischen Kureinrichtungen, zum Beispiel von allerhand malerischen Kolonnaden: Weiße, Sprudel-, Schlosskolonnade etc. Alle beherbergen Brunnen, an denen Einheimische und Touristen Heilwässer abzapfen können. Achtung: Manche sind mehr als 60 Grad heiß. Steht aber immer dran.

Schaut besser aus als es schmeckt.

Ich schwöre: Das war der schönste Trinkbecher!
Wichtigstes Utensil in Karlsbad ist deshalb der Trinkbecher, den Gesundheitsbewusste brauchen, um aus den Quellen zu trinken. Das funktioniert so: Tasse unter dem Hahn auffüllen, Heilwasser Schluck für Schluck durch den Schnabel saugen, sich jung fühlen. Obwohl der Geschmack des Wassers etwas gewöhnungsbedürftig ist, entsteht das gute Gefühl, etwas für seine Gesundheit zu tun. Meine Schwiegermutter sieht seit der Reise etwa 15 Jahre jünger aus, für Baby Boss mussten wir beim Abendessen im Hotelrestaurant um einen Hochstuhl bitten.

Achtung, es läuft gleich über!
Die Heilquellen Karlsbads werden zum Beispiel gegen Störungen des Verdauungssystems, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und Übergewicht eingesetzt. Vor allem Letzteres erscheint mir sehr interessant. Wichtig ist, dass man nicht zu viel von dem Wasser trinkt. Es kann nämlich abführend wirken. Schlecht für einen Städtetrip.

Der Moment, bevor die Linse beschlägt.

Für den kleinen Hunger zwischendurch.

Im Café Elefant schmeckt leider alles ausgezeichnet…
In Karlsbad lässt es sich wunderbar flanieren, shoppen und naschen, zum Beispiel Pupp-Torte mit Schlagsahne, Honigtorte im Café Elefant oder Trdelník. Und natürlich bietet die Stadt richtige Kuraufenthalte an mit beispielsweise Massagen, Bädern und Saunagängen. Ich glaube, dafür fühlen wir uns alle nach unserem Heilwasser-Geschlürfe etwas zu jung, aber für ein verlängertes Wochenende ist Karlsbad genau richtig und absolut empfehlenswert. Und allein schon, weil wir hoffen, unsere Schneekönige wieder zu treffen, fahren wir bestimmt noch einmal dorthin. Aber nur, wenn die Reisebegleitung wieder dieselbe ist. Zur Not zahlen wir.

Ob Daniel Craig auch über diese Brücke gelaufen ist?

Hier hat er jedenfalls gedreht!
PS Ich werde übrigens weder von der Zeitschrift „Barbara“ noch von einem der vorgestellten Hotels oder Cafés für Werbung bezahlt. Und erst recht nicht vom Becherovka-Hersteller!
Nach einer so netten und anregenden Lektüre möchte man sofort die Koffer packen! Vielen Dank!
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Liebe Sophie, vielen Dank für die Inspiration! Dank dir ist Karlsbad jetzt auf meiner Reiseliste😊
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Das freut mich! Da sollte es auch unbedingt hin. 🙂
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Ich war schon zweimal in Karlsbad: als Teenager mit meinen Eltern, und dann in Familie, als die Mädchen noch klein waren. Immer wieder schön! Auch Franzensbad und Marienbad kenne ich. Habt ihr auch Oblaten gegessen? Die gehören für mich in diesen Kurbädern unbedingt dazu. Am besten gleich warm auf die Hand.😋
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Klar, haben wir! Allerdings nicht warm auf die Hand. Machen wir dann beim nächsten Mal. 🙂
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