Anmerkungen zum Leben
Mein Vater hat früher oft gesagt, dass man sich (leider) selbst überall hin mitnimmt. Das ist wahr. Das Konzert neulich hätte ich gern ohne meine Ängste und Neurosen im Schlepptau erlebt. Trotzdem war es ein wunderschöner Abend mit meiner jüngsten Tochter.
Ich bin dort Gott sei Dank nicht auch noch hingeschippert, wie das Foto vielleicht vermuten lässt. Aber angefühlt hat es sich schon ein bisschen so, nämlich unsicher. Heute geht es um Instantkaffee statt Latte macchiato, verätzte Taubenfüßchen und unnützes Rütteln an der Tür.
Klar, Roller können auch mal schmutzig werden. Zum Beispiel, wenn man damit durch Pfützen fährt. Manchmal lauert die Gefahr aber ganz woanders. Heute schreibe ich über den Rücktransport auf den Boden gefallener Kleidung, über flatternde Mäntel, Hundehinterlassenschaften und Verschmutzungsketten. Und über das Verständnis, das jeder von uns für die Sorgen der anderen aufbringen sollte. Einfach mal nachfragen: Wie geht es dir?
Ich muss hier mal wieder etwas Heiteres schreiben, denke ich, aber der November macht es mir nicht leicht. Anfang des Monats wurden wir bestohlen, dann ist das E-Mail-Postfach meiner Mutter gehackt und sie erpresst worden. Seit ein paar Tagen ist unser Kaninchen Jimmy krank. Wie ich mit all den Negativ-News umgehe? Meine Zwänge nehmen zu.
Sind psychische Erkrankungen wie Depressionen und Zwänge nach wie vor ein gesellschaftliches Tabuthema – oder empfinde ich das nur so? Heute schreibe ich über akribisch verschlossene Türschleusen, Präsentierteller und den schwer zu unterdrückenden Fluchtimpuls.
Kontrolliert jemand außer mir auch manchmal den Herd, bevor er aus dem Haus geht? Oder wäscht sich 20 Sekunden lang die Hände und singt dabei „Happy Birthday“? Heute schreibe ich darüber, warum ich froh bin, dass der Adventskranz im Müll gelandet ist, über lichte Momente bei der Arbeit und irre Mitbewohner.
In den letzten Monaten bin ich oft gefragt worden, woher ich die Zeit zum Schreiben nehme. Ich frage mich das selbst manchmal auch. Aber ich muss sie finden, denn Schreiben macht mich glücklich. Es ist mir die liebste Art, mich anderen mitzuteilen. Vielleicht fühlt sich da draußen ja jemand genauso wie ich?
Manche Themen machen mich ein bisschen melancholisch. Immer, wenn ich denke, ich hätte sie ein für alle Mal hinter mir gelassen, holen sie mich überraschend ein. Denkt jemand von euch auch manchmal darüber nach, wie es (gewesen) wäre, noch ein Kind zu bekommen?
Von Zeit zu Zeit unterstellen mir andere Menschen Mut – und treffen damit selten ins Schwarze. Besonders während meiner dritten Schwangerschaft haben mir diese Mutzuweisungen zu schaffen gemacht. Heute schreibe ich, warum.
Manchmal streiten sich zwei meiner Persönlichkeitsanteile miteinander: die Abenteurerin und die durchaus liebenswerte hypochondrische Zwangsneurotikerin. Mal gewinnt die eine, mal die andere – wie neulich auf dem Reiterhof...
Während ich Urlaubsbilder in meinen Status stelle, zeigen sich andere bei Messenger Diensten oder auf sozialen Netzwerken dabei, wie sie Alkohol trinken. Wieso nur?, frage ich mich und schreibe heute über mein Verhältnis zu Wein, Bier und Sekt.
Jeder Mensch hat verschiedene Aspekte, die ihn ausmachen. Bei mir gehört meine Zwangsstörung dazu. Lange Zeit habe ich nicht viel davon gesprochen. Und auch jetzt schreibe ich lieber darüber, zum Beispiel über Seifenblasen, Käserinde und schmutzige Wäsche.
Wenn ich groß bin, möchte ich gern Schriftstellerin werden. Neulich war ich mit jemandem verabredet, dem das schon gelungen ist. Für den Weg dorthin hatte er ein paar Tipps für mich auf Lager. Falls die nicht helfen, könnte ich es mit magischem Denken versuchen. Das wirkt schließlich auch manchmal.
Sophie bloggt 